Auf der 59. Betriebswirtschaftlichen Fachtagung in Bamberg gaben Berater Tipps zum leichteren Dokumentieren im Betrieb und zum Abklopfen von Stärken und Schwächen. Dieses Controlling ist notwendig. Denn bei steigenden Kosten wird das „Eis dünner“. Von Elke Hormes (TASPO, Nr.42)
Software-Check offenbart fehlende Übung
Bei dem vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL, www.ktbl.de) beauftragten Check von Software-Lösungen für die betriebliche Dokumentation gab Unternehmensberater Dennis Weisbrod (www.dennisweisbrod.de, Schleiden-Gemünd) Einblicke in die Praxis des auf Dokumentation aufgebauten Controllings. Rund 20 Betriebsleiter und über 20 Programmanbieter wurden befragt. Kaum ein Betriebsleiter konnte sagen, wie viel Zeit er für Dokumentation verbraucht, obwohl in Pflanzenschutz, Düngung, Bewässerung, Umweltauflagen, Rückverfolgbarkeit, Qualitätssiegel und Arbeitszeiterfassung heute Dokumentationspflicht besteht. Betriebsleiter seien darin oft nicht geübt. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viel Zeit sie für das Dokumentieren brauchen, sollten die Betriebschefs in einer App per Knopfdruck Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit ermitteln.
Wie Weisbrod sagt, erreichen Chefs mit Excel-Kalkulationen schnell Grenzen. Es komme oft zu der Kurzschlussreaktion „Ich kauf ‘ mir eine Ackerschlagkartei“. Dann müsse vorhandenes Datenmaterial übertragen werden, was so schnell aber auch keiner schaffe. Bei der Düngung zum Beispiel zeigten sich reale Probleme, mit EDV-Programmen zu arbeiten. Besonders für ältere, nicht internet-affine Menschen stelle Dokumentation gemäß Düngeverordnung ein nicht zu lösendes Problem dar. Leider wüssten Betriebsleiter oft nicht, was sie dokumentieren sollen. In Stoßzeiten fällt das Dokumentieren am schwierigsten. Folgen sind zu berücksichtigen. So fällt zum Beispiel ein Betrieb aus der QS-Zertifizierung heraus, wenn in der Dokumentation Wasserverbrauchswerte einer Kultur fehlen.
Nach Weisbrod sind die Berater gefragt, um Betriebe mehr an die Dokumentation zu bekommen. „Wenn das klappt, haben die Unternehmer viel in der Hand, um auch Fehler zu erkennen. Leider dokumentieren nur 30 % der Firmenchefs akribisch. Angesichts geltender Meinung, ab 45 % Lohnkosten sei ein Betrieb insolvent, und der Tatsache, es gebe Betriebe mit 40 % Lohnkostenanteil, müsse etwas getan werden.
Von der „Schmierblatt-Optik“ muss man wegkommen. Es braucht Informationen, einheitliche Vordrucke und Beratung. Mit ersten Apps zeigte es sich, dass man bei acht Stunden Arbeitszeit eines Betriebsleiters mit zwei Stunden allein für die Dokumentation „dabei“ ist. Bei unstrukturierten Firmen liegt der Anteil der Betriebsleiterarbeitszeit für Dokumentation bei 60 bis 80 %, so das Fazit. In strukturierten Betrieben reduziert sich dies auf 45 %. Der Einsatz von Smartphones erleichtert. Mit Excel harmonisierte Kontrollprogramme sind gute Lösungen. „Wir beginnen damit, die Zettelwirtschaft zu verbannen. Auch die Arbeitskräfte sollen Zeiten digital eintragen. So bezieht man sie in die Dokumentationspflicht mit ein“, sagt Weisbrod. Fahrzeit zum Feld hin übrigens, die zählt zur Arbeitszeit. Viele Betriebe wüssten das nicht, und dies könne im gewissen Sinn zum Verhängnis werden.
App-Technologie treibt das Controlling voran
„Betriebsleiter scheuen sich vor der Anwendung des Controllings, weil sie die Kosten scheuen“, ist die Erfahrung von Luis Müller (ZBG). Man greift lieber auf Erfahrung und Intuition zurück. Beim App-basierten Controlling mit den Schritten Datenerhebung, Datenverarbeitung und Entscheidungshilfe stehe am Ende ein nutzbares digitales Informationssystem. In allen drei Schritten ist Arbeitskraft einzusetzen. Es sei immer noch der Mensch eingebunden, auch um Daten zu interpretieren. Bestehende Plattformen hätten Defizite. Im Rahmen seiner Promotion zum Controlling im Gartenbau geht er davon aus, dass die App-Technologie vielleicht als ein Treiber für betriebswirtschaftliches Engagement dienen kann. Beim Entwickeln von Software- Apps werde Wert auf Benutzerfreundlichkeit gelegt und Komplexität reduziert. Die Neigung von Chefs, Aufgaben von sich weg zu delegieren, lasse sich ändern, wenn man Mitarbeiter in ein App-basiertes Controlling integriere, bevor man gleich an Steuerberater weitergebe.
Gratis-App Farmable zum Einstieg in Plattform
Ein bereits gut funktionierendes Dokumentationssystem mit schlagspezifischer Auswertung zeigte Max Bangen (Farmable SE, Oslo/Norwegen, www.farmable.tech) mit der gleichnamigen App für den Obst- und Ackerbau auf. „Wir sind mit Farmable, die am Smartphone bedient wird, auf dem Weg zu einer Plattform. Die App ist ein kleiner Teil auf der digitalen Reise zum Gesamtsystem“, erklärt Bangen. Einfach gehalten, kann jeder auf dem Smartphone Ackerschläge anlegen, Geräte, Mitarbeiter, Pflanzenschutzpräparate, Wasser und anderes erfassen. Farmable ist im Grundmodell gratis und wird auch kostenlos bleiben. „Jeder unserer Nutzer kommt aus unterschiedlichen Gründen, nutzt weitere Module und wird zum digitalen Betriebsleiter“, sagt Bangen. Das Implementieren weiterer Module ist kostenpflichtig (Berichterstattungsmodul 49 Euro, Sicheres Pflanzenschutz Modul 19 Euro, die Arbeitszeiterfassung 299 Euro).
„Man wird getrackt, kann sehen, ob ein Mitarbeiter in jeder Feld-Reihe war, wann ein Arbeiter aufhört und wo der nächste weitermachen soll“, gibt Bangen Details preis. Die Ernte kann bis zu Kiste, Sorte und Kilogramm erfasst werden. Und es gibt die Funktion „Mit Berater teilen“. Dieser erhält dann eine Nachricht.Management-Systeme sparen Bürozeit ein
Farm-Management-Systeme haben nach Dr. Henning Krause, Leiter des Sachgebietes Prozessqualität im Gartenbau bei der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen (Hannover, www.lwk-niedersachsen.de), bereits 40 % der Betriebsleiter schon einmal genutzt. Sie werden vor allem für die Präzisierung von Maschinen (Digital Farming) eingesetzt. Eine vernetzte Nutzung wird jedoch nur in 24 % der Fälle angewandt. Farm-Management-Systeme bieten alles, was bei der Organisation hilft, zum Beispiel eine automatische Arbeitszeiterfassung. Vorteile liegen in recht geringem Kosten- und Materialaufwand und Kostentransparenz. „Das Wichtigste, das ein solches System erfüllen muss, ist, Bürozeit des Betriebsleiters einsparen“, sagt Krause. Bewährte Systeme würden leider nicht eingesetzt. Eine Veränderungsnotwendigkeit sei aber offensichtlich. Sein Fazit: Die Frauen hinter den Chefs erreichen, eine neue Rolle betriebswirtschaftlicher Beratung erkennen /ausfüllen und bewusst schrittweise Neues einführen, um Menschen Veränderungen zu erleichtern.
Balanced Scorecard und Excel-Berechnung
Helmuth M. Huss (Co Concept, www.coconcept.lu) gibt individuell erweiterbaren Excel-Tabellen zur Rentabilitätsberechnung nach wie vor Chancen als Beratungsinstrument. „Die Menschen wollen verstehen, was da passiert“, sagt er. Einfaches Excel leiste diesen Dienst. Die ältere Methode der Balanced Scorecard bietet nach Prof. Dr. Kai Sparke (Hochschule Geisenheim) viel Anschauung. Eine Vision der Betriebsentwicklung wird erstellt. Für Ziele wird eine Strategie erarbeitet und alles aufwendig in ein Blatt, die Balanced Scorecard, von unten nach oben eingetragen. Die Auswertung erfolgt aus vier Perspektiven (Finanzen, Kunden, Prozess, Lernen/ Entwicklung) ein. Dies bringe Klarheit in die Zukunftsplanung. Die Praxisrelevanz sei nicht zu beurteilen.
Quelle: Taspo Nr. 42, 22.10.2021, von Elke Hormes; mit leichten Korrekturen im Text