Die neuen Verordnungen für Genossenschaften
Die Strategie Vom Hof auf den Tisch wurde in der EU eingeführt, um eine bessere Entscheidungsfindung in den Erzeugerbetrieben zu fördern und dadurch die Umweltfolgen durch Pestizide in der Landwirtschaft zu verringern. Diese neuen Verordnungen enthalten rechtsverbindliche Ziele, die bis Ende 2023 endgültig festgelegt werden sollen. Wusstest du, dass es bereits rechtsverbindliche Verordnungen für die Berichterstattung von Erzeugerbetrieben gibt? Ab dem 1. Januar 2026 sind alle Erzeugerbetriebe in der EU gesetzlich verpflichtet, strengere Anforderungen an die Berichterstattung über den Einsatz von Chemikalien zu erfüllen. Genossenschaften sind in einer einzigartigen Position, um Betriebe bei diesem wichtigen Übergang zu unterstützen.
Viele landwirtschaftliche Genossenschaften haben bei der EU-Compliance Bedeutung für den Erfolg, weil sie Erzeuger:innen bei der Einrichtung von Berichterstattungsprozessen unterstützen. Daher müssen nicht nur Erzeugerbetriebe, sondern auch von Genossenschaften die neuen Vorgaben genau kennen.
Folgendes ist ab 1. Januar 1, 2026 rechtsverbindlich:
- Der Einsatz von Präparaten muss innerhalb von 30 Tagen nach der Anwendung dokumentiert werden.
- Der Einsatz von Präparaten muss auf eine bestimmte Parzelle zurückverfolgbar sein, z. B. per Ackerschlagkartei.
- Aufzeichnungen müssen den zuständigen Behörden zur Verfügung stehen und letztendlich auch der EU zugänglich sein.
- Aufzeichnungen müssen innerhalb von 30 Tagen nach der letzten Anwendung in elektronischem Format gespeichert oder in ein solches umgewandelt werden.
- Soweit möglich sind EPPO-Standardcodes für Pflanzen und Schädlinge für die Aufzeichnungen zu verwenden.
- Soweit möglich sind BBCH-Standardcodes für Wachstumsstadien für die Aufzeichnungen zu verwenden.
Ein Ziel der „Vom Hof auf den Tisch“-Strategie ist die Reduktion von Pestiziden in der EU in den nächsten 6 Anbausaisons um 50 %. Die neuen Vorgaben treten zwar erst in ein paar Monaten in Kraft, doch der Trend ist ganz klar: Agrarbetriebe in der EU müssen die Nutzung von Chemikalien reduzieren und nachweisen. Was bedeutet das in der Praxis? Jedes Land muss einen Plan erstellen, der darlegt, wie es diese Ziele erreichen will. Es versteht sich von selbst, dass dem IPM (Integrierter Pflanzenschutz) eine wichtige Rolle beim Erreichen der Reduktionsziele zukommt. Wenn du schon Erfahrung mit IPM hast, dann weißt du, dass die Anwendung von Chemikalien auf Erzeugerbetrieben mindestens folgende Anforderungen hat:
If you have experience with IPM, then you understand its adoption requires the following, at a minimum, with respect to chemical applications on farm:
- Der Erzeugerbetrieb muss die Notwendigkeit jeder Spritz- oder Düngeranwendung dokumentieren.
- Zugelassene Agrarwissenschaftler:innen überprüfen die von jedem bzw. jeder Erzeuger:in für jede Fläche geplanten Anwendungen und geben sie frei.
- Jede Anwendung muss im Voraus geplant und überprüft werden. Sie kann nicht einfach nach Abschluss dokumentiert werden.
Wir können zuversichtlich voraussagen, dass diese IPM-Prozesse bald in EU-Vorordnungen übernommen werden. Deshalb ist es wichtig, sich darüber Gedanken zu machen, wie die aktuellen Arbeitsabläufe im Betrieb und in der Genossenschaft an die zukünftigen Anforderungen angepasst werden können.
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Die aktuellen Verfahren in der Genossenschaft (und im Erzeugerbetrieb) sind nicht konform
Derzeit ist es üblich, dass Erzeuger:innen ihre Arbeiten zum Pflanzenschutz erst nach Abschluss dokumentieren. Oft schieben sie die Dokumentation sogar bis kurz vor einem Audit auf. Es ist auch üblich, dass die Erzeuger:innen ihre Genossenschaften über abgeschlossene Arbeiten informieren (per Telefon, SMS, E-Mail oder sogar Fax) und die Genossenschaft im Namen der Betriebe die Spritzprotokolle führt. Diese Praxis mag zwar bequem gewesen sein, steht aber in direktem Widerspruch zu den neuen rechtsverbindlichen Verordnungen (und den Verordnungen, von denen wir ausgehen, dass sie sehr bald in Kraft treten).
Zu den Fragen, über die eine Genossenschaft nachdenken sollte, gehören unter anderem:
- Wenn eine Genossenschaft Daten zur Einhaltung der Verordnungen einreicht, die sie ursprünglich per Telefon oder SMS vom Erzeugerbetrieb erhalten hat, wer ist dann für die Richtigkeit der Daten verantwortlich?
- Was passiert, wenn Erzeuger:innen berichten, dass sie ein Präparat gespritzt haben, mit dem die Genossenschaft nicht einverstanden ist?
- Wie kann eine Genossenschaft sicherstellen, dass die Entscheidungsfindung zwischen Agrarwissenschaftler:innen und Betriebsleiter:innen nachvollzogen werden kann?
- Wie können digitale Unterschriften oder Genehmigungen gesammelt werden?
Genossenschaften haben nur zwei kurze Anbausaisons, um ihre Mitgliedsbetriebe bei der Umstellung zu unterstützen. Das gilt insbesondere für diejenigen, die ihren Mitgliedern Agrarberatung und Compliance-Berichterstattung anbieten. Sie müssen hierfür Folgendes sicherstellen:
- Elektronische, wechselseitige Kommunikation zwischen dem Erzeugerbetrieb und der Genossenschaft, um einen Zeitplan für Entscheidungen über die Anwendung von Behandlungen zu erstellen, der nachvollzogen werden kann.
- Digitale Unterschriften der Agrarwissenschaftler:innen zu allen auf dem Erzeugerbetrieb empfohlenen Anwendungen, einschließlich einer geografischen Referenz auf eine bestimmte Fläche (z. B. per Ackerschlagkartei).
- Fortlaufend aktualisierte Betriebsdaten über einen sicheren Kanal, mit dokumentierter Zustimmung des Erzeugerbetriebs. Die Übermittlung jedes Quartal oder am Ende der Saison durch den Betrieb an die Genossenschaft ist nicht mehr ausreichend.
Unterstützung durch die Genossenschaft ist für die Anpassung der Betriebe unerlässlich
Um die neuen Anforderungen zu erfüllen, müssen Erzeuger:innen und Genossenschaften ihre Arbeitsprozesse aufeinander abstimmen und benutzerfreundliche Systeme für den Austausch von Informationen einrichten. So können die notwendigen Änderungen gemeinsam vorgenommen werden:
1) Direkter, digitaler Datenzugriff: Anstatt sich auf die manuelle Kommunikation mit dem Erzeugerbetrieb zu verlassen, wie z. B. einen Anruf oder eine SMS, ist ein direkter, autorisierter Zugriff auf digitale Betriebsdaten (z. B. eine geplante Spritzarbeit oder eine Schädlingsbefall) des Erzeugerbetriebs entscheidend. So ist sichergestellt, dass die Daten nachvollziehbar sind, rechtzeitig zur Verfügung stehen und leicht an vorab genehmigte Parteien weitergegeben werden können.
Für die Genossenschaft hat es große Vorteile, die Mitgliedsbetriebe so früh wie möglich auf die Umstellung auf digitale Tools einzustimmen. Einerseits die Compliance. Alle Erzeugerbetriebe in der EU werden in den nächsten beiden Anbausaisons gesetzlich verpflichtet, den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln elektronisch zu dokumentieren. Dies ist auch eine Chance, den Verwaltungsaufwand sowohl für den Erzeugerbetrieb als auch für die Genossenschaft radikal zu reduzieren. Wenn wir die händische Dateneingabe überflüssig machen können, können wir die Genauigkeit und Aktualität der Daten verbessern. So können Erzeugerbetrieb und Genossenschaft nicht nur die neuen gesetzlichen Anforderungen erfüllen, sondern sogar bessere Geschäftsentscheidungen treffen. Stelle dir die Kaufkraft einer Genossenschaft vor, die über die Präparatdaten ihrer Erzeugerbetriebe verfügt. Digitale Verfahren fangen bei der Anwendung von Pestiziden und Düngemitteln an, können aber auch Präparatmengen oder -qualität einbeziehen und das Geschäftsergebnis für landwirtschaftliche Betriebe und ihre Genossenschaften insgesamt deutlich verbessern.
2) Überprüfung durch zugelassene Berater:innen: Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen müssen Anwendungen im Vorfeld von zugelassenen Berater:innen überprüft werden. Genossenschaften sollten klare Richtlinien zur eigenen Rolle in diesem Prozess aufstellen. Dazu gehört auch die Frage, ob und wie sie Erzeuger:innen bei der Zusammenarbeit mit zugelassenen Berater:innen und bei der Überprüfung unterstützen. Auch Genossenschaften, die nicht direkt für die landwirtschaftliche Beratung zuständig sind, müssen alle 30 Tage einen klaren Zeitplan für Behandlungen und die entsprechenden Genehmigungen einsehen, um Erträge zu vermarkten oder Agrarberichte im Namen des Erzeugerbetriebs einzureichen.
Die Überprüfung aller Genehmigungen für jede Anwendung auf allen Flächen und alle Erzeugerbetriebe bedingt ein komplexes Netz aus E-Mails, Tabellen und Papierkram. Hier kommt ein direkter digitaler Datenaustausch zwischen Betrieb und Genossenschaft ins Spiel. Die Evaluierung digitaler Hilfsmittel, die sowohl die Erfassung von Betriebsdaten als auch die Kommunikation zwischen den Erzeugerbetrieben und ihren Berater:innen ermöglichen, wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Allerdings ist es mit einem „weiter so wie bisher“ schlechterdings unmöglich, die neuen gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.
3) Festlegen der Zuständigkeiten der Genossenschaft: Jede Genossenschaft sollte ihre formalen Zuständigkeiten und Verpflichtungen in Bezug auf die neuen EU-Verordnungen festlegen, insbesondere bezüglich der „Vom Hof auf den Tisch“-Strategie . Dazu gehört auch die Klärung der Rolle der Genossenschaft bei der Einhaltung von Compliance-Regeln, der Unterstützung der Mitgliederbetriebe bei der Datenqualität und der Führung der erforderlichen Aufzeichnungen. Gehen Genossenschaften bei der Einführung eines digitalen Tools zur gemeinsamen Nutzung voran, gewinnen Erzeugerbetriebe, ihre Berater:innen und Genossenschaft gleichermaßen. Klare Standardprozesse für Berichterstattung und Überprüfung reduzieren den zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Verwaltungsaufwand für die Genossenschaft erheblich.
Der Einfluss einer Genossenschaft ist weitreichend
Eine Anpassung der Arbeitsabläufe sowohl bei den Erzeugerbetrieben als auch bei der Genossenschaft für eine effiziente Datenerfassung und Berichterstattung ist unerlässlich, um die neuen Agrarverordnungen in der EU einzuhalten. Genossenschaften spielen eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung ihrer Mitgliedsbetriebe während dieser Umstellung. Indem sie ihren Mitgliedsbetrieben helfen, die digitalen Werkzeuge richtig zu nutzen, eine ausreichende Datenqualität zu gewährleisten und klare Zuständigkeiten hinsichtlich der EU-Vorgaben festzulegen, können die Genossenschaften ihre Abläufe optimieren und zum Gesamterfolg ihrer Mitgliedsbetriebe beitragen. Und zwar nicht nur bei der Compliance, sondern auch bei den Geschäftsergebnissen.
Gleichzeitig müssen Erzeuger:innen und Betriebsleiter:innen anerkennen, dass die Gesamtverantwortung für alle Vorgänge, die Dokumentation und die Berichterstattung im Zusammenhang mit Chemikalien und Düngemitteln bei ihnen liegt. Diese Verantwortung kann nicht auf die Genossenschaft abgewälzt werden.
Bei Fragen oder wenn du Hilfe bei der Anpassung deiner Arbeitsabläufe brauchst, um eine effiziente Datenerfassung und Berichterstattung zu ermöglichen, wende dich bitte an uns. Wir sind dafür da, dich und deine Genossenschaft bei dieser Umstellung zu unterstützen und die Zukunft für die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten.
Lies, wie wichtig es ist, mit der digitalen Dokumentation.
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Möchtest du mehr über die in diesem Artikel besprochenen gesetzlichen Änderungen erfahren? Bleibe über die folgenden Politikbereiche der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ der EU auf dem Laufenden.
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