Präzisionslandwirtschaft definiert aus der Sicht eines Landwirts.
Der Originalbeitrag wurde von Lars Petter Blikom in englischer Sprache veröffentlicht. Deutsche Übersetzung von Max Bangen.
Was ist überhaupt höherer Ertrag?
Erstens gibt es verschiedene Ertragsformen, und die Optimierung auf maximale Kilos ist für die Landwirte nicht unbedingt die Beste. So gilt es z. B. bei jeglicher Art von Frischeerzeugnissen einen wichtigen Kompromiss zu finden: Qualität versus Quantität – willst du hohe Erträge bei geringerer Durchschnittsqualität oder einen geringeren Ertrag hochqualitativer Produkte?
Ich baue Erdbeeren an. Der bestzahlende Vermarktungskanal will ausschließlich erstklassige Handelsware, und wir sind vielleicht in der Lage, 70 % des Erntepotenzials an diesen Kanal zu liefern – in einem guten Jahr. Der Rest geht im Prozess verloren, weil das gleichzeitige Pflücken und Sortieren von zwei Qualitätsklassen ineffizient ist. Wenn wir alles zu Marmelade verarbeiten würden, hätten wir dagegen 100 % Verwertung der Ernte erreichen können. Dennoch zahlt sich 70 % Erntemenge in Top-Qualität im Vergleich zu 100 % Marmelade mehr aus. Darum tun wir genau das.
Doch für die Welternährung verschwenden wir 30 % der Nahrungsmittel.
Zweitens wirkt sich der Ertrag auf die Gesundheit der Pflanzen aus. Wenn du einen Apfelbaum in einer Saison zu viel Früchte tragen lässt, wird er keine Energie haben, sich zu regenerieren, und du wirst einen massiven Ertragsrückgang im nächsten Jahr erleben. Anders ausgedrückt: Der Wettlauf um höhere Erträge gefährdet die langfristige Gesundheit und Produktivität.
Drittens gibt es bei manuell zu erntenden Nutzpflanzen eine klare Grenze, ab der die Ernte nicht mehr rentabel ist. Aus meiner Erfahrung wollen die Erzeuger bereits so viele Kilos wie möglich von ihren Schlägen holen. Ich denke, sie wären aus wirtschaftlicher Sicht besser dran, mehr Erzeugnisse ungeerntet auf den Flächen zu belassen.
Bei Obst, Beeren und Gemüse steigen die Erntekosten nach meiner Einschätzung exponentiell an, je näher man an die volle Kapazitätsgrenze der Flächen kommt. Die Landwirtschaft ist bereits ein marginales Geschäft, und die Kosten der arbeitsintensiven Ernte kann leicht ein Drittel oder mehr des Ertragswerts ausmachen.
Wie die Grafik verdeutlicht, wird deine Ernte irgendwann zum Verlustgeschäft. In einem schlechten Jahr mit Pflanzenstress aufgrund von Wetter oder anderen Faktoren wird sich der Punkt an dem sich diese beiden Linien kreuzen, sehr schnell deutlich nach links verschieben.
Für mich als Landwirt würde die Ertragsoptimierung also auf zwei Primärziele hinauslaufen:
- Die Gesundheit unserer Pflanzen zu sichern.
- Unseren Ertrag zu maximieren – in Form von Geld, nicht in Kilos.
Die tatsächliche Tonnage kommt für mich an dritter Stelle.
Der Irrglaube von den Pestiziden
Ferner verspricht die Präzisionslandwirtschaft eine Reduktion der eingesetzten Ressourcen. An dieser Stelle fühle ich mich ein wenig gekränkt, denn dies erzeugt die Wahrnehmung einer Landwirtschaft, bei dem Erzeuger ihre Felder mit Düngemitteln und Pestiziden bombardieren. Das ist in der modernen landwirtschaftlichen Praxis nicht der Fall – jedenfalls nicht bei den Bauern, die ich kenne.
Jeder von uns wendet Düngemittel und Pestizide nur dann an, wenn es aufgrund von Beobachtungen von Nährstoffmangel, Krankheiten oder Schädlingen notwendig ist. Die Landwirte tun bereits alles, um die eingesetzten Mittel zu minimieren (schon aus Kostengründen) ohne die Gesundheit des Bodens, der Pflanzen und des Ertrags zu gefährden.
Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir in dieser Blog-Reihe auf Fälle zu sprechen kommen, in denen neue Technologien es möglich machen, die eingesetzten Ressourcen weiter zu reduzieren. Sicherlich gibt es noch Spielraum für eine Feinoptimierung, doch im Großen und Ganzen sind die landwirtschaftlichen Methoden meiner bescheidenen Meinung nach schon ziemlich ausgereift.
Meine Top 3 Erwartungen an Präzisionslandwirtschaft
Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich nachts nicht von höheren Erträgen und geringerem Ressourceneinsatz träume. Vielmehr stören mich drei Dinge, die ich verändern möchte. Diese sind nach Dringlichkeit geordnet:
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- Handarbeit eliminieren
- Dokumentation automatisieren
- Variable Zonierung einführen
In späteren Blogbeiträgen werden wir diese drei Punkte mehr im Detail betrachten. Zunächst müssen wir jedoch ein paar Voraussetzungen schaffen, um in den drei oben genannten Punkten erfolgreich zu sein.
Wir müssen zuerst sämtliche Daten über unsere landwirtschaftlichen Prozesse organisieren, damit alles an einem Ort gespeichert ist und analysiert werden kann. Die erste Analyse, die wir dann damit durchführen werden, ist, die Rentabilität pro Schlag zu bestimmen. Denn ohne diese Ausgangsbasis können wir nicht feststellen, ob eine neue Technologie unseren Betrieb verbessert oder verschlechtert.
Im nächsten Artikel gehen wir dazu die Problematik der Organisation von landwirtschaftlichen Betriebsdaten an.